Wie der Künstler Olafur Eliasson unseren Blick auf den Hamburger Himmel verändert
Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, wie Sie sich durch die Stadt bewegen? Worauf Sie achten, wohin der Blick geht? Meist schauen wir einfach nach vorne, auf unser Ziel oder nach unten auf unsere Schritte.
Ganz selten richtet sich der Blick nach oben zu den Gebäuden, Bäumen oder gar dem Himmel. Genau diese Beobachtung inspirierte den dänisch-isländischen Künstler Olafur Eliasson zu den zwei spektakulären Skulpturen auf dem Alten Wall. Sie flankieren vor der geschichtsträchtigen Kulisse des ikonischen Gebäude-Ensembles die beiden Enden des Boulevards und bilden zusammen das Kunstwerk Gesellschaftsspiegel.
Der Künstler von Weltrang entwickelte Gesellschaftsspiegel eigens für den neu gestaltetet Flanier-Boulevard. Die zwei geometrischen Skulpturen sind mit braunschwarz patiniertem Messing ummantelt. In den neun Meter hohen Türmen verbergen sich Kaleidoskope, die auf Stützen über den Köpfen der Passanten schweben – eines mit dreieckigem, eines mit rhombischem Grundriss. Beim Blick nach oben in die verspiegelten Kaleidoskope lässt sich je eine facettierte Kugelform entdecken, in deren Zentrum ein Stück Himmel eingefangen wird. Dank der verschiedenen Grundformen der Kaleidoskope erscheinen beide Kugeln unterschiedlich. Auch wechselnde Licht- und Wetterverhältnisse sowie unterschiedliche Betrachtungsstandorte beeinflussen das Kunstwerk.
Bei Gesellschaftsspiegel handelt es sich um dynamische, sich verändernde Skulpturen, bei denen der Betrachter aktiv Teil der Kunst wird. Kein Wunder, dass man häufig Menschen unter den Skulpturen stehen sieht, die sich drehen, ihre Perspektive ändern, um immer neue Facetten der umliegenden Gebäude wie etwa vom Hamburger Rathaus zu entdecken. Fotografien von den verspiegelten Kaleidoskopen zu verschiedene Lichtstimmungen gehören inzwischen zu den beliebtesten Foto-Sujets von Besuchern und Besucherinnen der Innenstadt. Die Interaktion der Menschen mit dem Kunstwerk belegt auch einmal mehr Eliassons These, dass „Kunst eine Sprache ist, die das Potential hat, Menschen in Bewegung zu versetzen.“
Mitten im Herzen der hanseatischen Metropole zwischen Rathaus und Handelskammer sind wir alle eingeladen, über unsere eigene Wahrnehmung nachzudenken und unseren Blick durch die Kunstwerke bewusst zu erweitern. Vor allem möchte uns Olafur Eliasson dazu animieren, den Himmel stärker zu beachten. „Der Himmel ist ein entscheidender Teil der Stadtlandschaft: er ist unser gemeinsamer, geteilter Raum. Gesellschaftsspiegel würdigt diesen langsamen Blick nach oben. Mit seinen beiden Spiegelpavillons – die Innen- und Außenraum zugleich sind – lädt mein Kunstwerk dazu ein, ‚öffentliches Ich‘ und innere Selbstwahrnehmung miteinander in Einklang zu bringen. Und es lädt ein, uns selbst zu positionieren, in Beziehung zu setzen zur Gesellschaft, ebenso wie zum Himmel“, erläutert der Künstler, für dessen Arbeit Naturphänomene wie Wasser, Licht, Eis, Nebel und Reflexionen schon immer eine wichtige Rolle gespielt haben.
Zusammen mit dem im Gebäude ansässigen Bucerius Kunst Forum gewinnt die Kunst somit eine große Bühne am Alten Wall. Ermöglicht wurde die Realisierung des Kunstwerks durch Art-Invest Real Estate, die die Skulpturen gestiftet hat und als Dauerleihgabe vor dem Gebäude ausstellt.