Die Wiege des Gin Basil Smash: Le Lion Barbetreiber Jörg Meyer erfand den Kultdrink und noch einiges mehr
Seine Bar im Herzen von Hamburg gehört immer noch zu den besten weltweit, doch als kreativer Kopf prägte Meyer die Gastroszene weit darüber hinaus.
Wenn man auf einem Landgasthof in Niedersachsen groß wird, bleiben einem nur zwei Optionen. Man bleibt sein Leben lang dort, betreibt mit der Familie den Betrieb und wird ein echtes Landei, was hier durchaus liebevoll gemeint ist. Oder man macht sich schnellstens auf den Weg in die Großstadt, um dem guten Leben mit all seinen Möglichkeiten zu frönen. Jörg Meyer entschied sich für die zweite Lösung und lernte in jungen Jahren im Elysée Hotel Kellner, bevor er an die Bar wechselte. Einen genauen Plan hatte er damals nicht wirklich. „Mein Motto war schon immer: Erstmal machen und dann gucken wir mal“, erzählt Meyer mit Augenzwinkern. Diese lässige Einstellung gepaart mit Kreativität und einer großen Leidenschaft für Drinks und Gastronomie hat Jörg Meyer zu einem der bekanntesten Barbesitzer Deutschlands gemacht.
Moderner Klassiker aus Hamburg
In diesen Tagen feiert seine Erfindung Gin Basil Smash 15-jähriges Jubiläum. Längst gilt der Drink als moderner Klassiker und katapultierte Meyer und seine neu gegründete Bar Le Lion (deutsch: Der Löwe) 2008 in ungeahnte Höhen der Barszene und machte Le Lion umgehend zur weltweit besten Bar-Neugründung. Auch unter die besten 50 Bars weltweit wurde Le Lion zigfach gewählt. Der hünenhaft gewachsene Barbesitzer gibt sich bescheiden und erzählt, dass er diesen großen Erfolg auch seinem Netzwerk zu verdanken habe. Vor Gründung seiner Bar war Meyer ausgiebig gereist, hatte an vielen Bartresen dieser Welt gesessen und Leute kennengelernt. Man kann es sich genau vorstellen. Denn Meyer ist überaus unterhaltsam und charmant, gespickt mit einer guten Portion Selbstironie. Ein positiver Menschenfänger.
Jedenfalls führte sein neuer Drink dazu, dass jede Menge Menschen aus seinem Netzwerk, die oft als Markenbotschafter weltweit unterwegs waren, ihre Teams in Bars auf diesen neuen Drink trainierten. Und so stand der frische, mit Basilikum angereicherte Gin Drink schon bald auf vielen Barkarten. Über die internationale Anerkennung kam auch die große Popularität in Deutschland. „Zunächst denkt man natürlich, man sei der Mittelpunkt der Erde. Das dauert dann drei Tage an und dann ist wieder Normalbetrieb“, erinnert er sich schmunzelnd an diese Anfänge.
Bevor er Le Lion eröffnete, war Jörg Meyer für eine Zeit Mitbesitzer des Atlas Restaurants in Bahrenfeld, hatte im damaligen legendären Streit’s Kino mit einem Partner eine Bar eröffnet und betrieb im Hinterzimmer des Café Paris schon eine kleine informelle Bar. Als sich die Chance ergab, die Räume gegenüber zu übernehmen, griff er zu. Heute ist die Bar eine der ersten Anlaufstellen, wenn man bei guten Drinks alles um sich herum vergessen möchte. Denn die Bar selbst hat keine Fenster. Kaum tritt man hinter die schwere Holzeingangstür wird man von Zeit und Raum verschluckt. Stilvolle Ornamente an den Wänden, flauschige Teppiche, dunkle Bänke und Sessel vermitteln Look und Feel eines modernen Gentleman Clubs, in dem sich auch Frauen wohlfühlen. Denn die Atmosphäre ist gediegen, ohne steif zu sein, gute Manieren des Personals sind selbstverständlich und die Drinks sprechen ohnehin für sich. Und wenn man dann noch die delikaten Häppchen zu sich nimmt, die auf einer Etagere gereicht werden, ist man dem Himmel schon ziemlich nah. Zumindest solange man die Bar mit ihren 40 Plätzen nicht verlässt. Kein Wunder, dass sich so mancher Gast beim Verlassen des Etablissements darüber wundert, in den Sonnenaufgang zu blinzeln.
Barkeeper ist König der Gastronomie
Sitzt man an der Bar selbst, kommt man schnell mit den Barkeepern ins Gespräch, die auch immer spontan auf Wünsche eingehen. „Als Barkeeper hat man viel mit den Menschen zu tun. Anders als Kellner, die ja nur kurz am Tisch sind. Hinter der Bar hat man die interessanteste Zeit und ist König der Gastronomie“, so Meyer. In gewisser Weise ist Meyer auch König der Löwen. Denn ein beeindruckendes Exemplar thront als Deko hinter der Bar. Zum Namen inspirierte den Barbesitzer eine Fabel von Ernest Hemingway: The Fable of the Good Lion. Die Story spielt in Venedig, die Stadt hat einen Löwen mit Flügeln als Wappentier. Und ein solcher Löwe besucht bei Hemingway gerne Harry’s Bar und genießt das gute Leben. Mehr muss man nicht erklären. Keiner verkörpert „La Dolce Vita“ so gut wie Jörg Meyer selbst.
Auch wenn die Bar einen gehobenen Standard vermittelt, sein Publikum selektiert er nicht. „Ich fand es interessant, nicht für ein bestimmtes Publikum zu öffnen. Jeder kann kommen, es gibt auch keinen Dresscode.“ Nur bei großen Gruppen hebt er die Hand, dafür ist die Bar zu klein. Im Sommer kann man die Drinks auf dem Trottoir genießen. In Herbst und Winter öffnet Jörg Meyer bei großem Andrang inzwischen den sogenannten Pine Room in der ersten Etage, eine weitere Drink-Oase in der Mitte der Stadt. Auf die Innenstadt von Hamburg hält Meyer übrigens große Stücke: „Ich wollte an einen neutralen und internationalen Ort.“ Gerade hat er seinen Mietvertrag weitere fünf Jahre verlängert.
Er selbst steht ab und an auch noch hinter dem Tresen. „Le Lion ist meine Leidenschaft.“ Doch nach wie vor geht er auch gerne in andere Bars. So mag er etwa die Puzzle Bar in der Hafencity wegen der sensationellen Aussicht und der guten Drinks. In der Altstadt empfiehlt er die Ba Nomu und Liquid Garden. Dass er überhaupt noch Zeit hat, andere Bars zu besuchen, ist erstaunlich. Denn neben seiner Bar ist Jörg Meyer an einer Reihe anderer Unternehmungen beteiligt. So entwickelt er etwa Barkonzepte wie die Boilerman Bar in der 25hours Hotelgruppe. Er betreibt einen Spirituosen-Import, veranstaltet Tastings und beliefert auch guten Kunden. Die Ideen scheinen ihm nicht auszugehen.
Auch wenn die Zeiten selbst für eine so gut laufende Bar wegen der gestiegenen Preise für Energie, Personal und Zutaten nicht ganz einfach sind, Meyer bleibt optimistisch. Allein in diesem Jahr wird sein Gin Basil Smash ca. 25.000-mal über die eigene Bartheke gehen. Und neben diesem Drink haben er und sein achtköpfiges Team noch eine Reihe anderer neuer Drinks kreiert. Es lohnt sich also durchaus öfters mal vorbeizuschauen, um nicht nur den Signature Drink der Bar zu trinken. Und wenn Jörg Meyer hinter dem Tresen steht, sollte man unbedingt mit ihm reden. Gute Drinks und amüsante Gespräche sind einfach eine Mega-Kombi. Hunde dürfen übrigens nicht mit in die Bar. Bei Löwen macht Jörg Meyer schon mal eine Ausnahme.
Tipps für gute Alternativen zum Le Lion: