Stilberaterin Stefanie Diller: „Kleider machen immer noch Leute. Und Kleider machen Erfolg“
Kleidungsstil und Image sind eng miteinander verwoben. Keine weiß das besser als die Stil- und Imageberaterin Stefanie Diller, die auch gerne mal am Alten Wall – etwa bei UNIQLO – nach Kleidung stöbert.
Nach Stationen als Einkäuferin in einem Modeunternehmen und bei einem Verlag, wo sie als VIP-Beauftragte Promis einkleidete, berät Stefanie Diller seit über 25 Jahren Menschen, um das Beste aus deren Optik herauszuholen. Wir sprachen mit ihr darüber, wie man sich heute gut und passend kleidet. Und erhalten auch ein paar Tipps, um mühelos eine festliche Garderobe zum Beispiel für Weihnachten zusammenzustellen.
Wann ist man eigentlich im Job gut angezogen und wer definiert das?
Stefanie Diller: Es gibt in vielen Branchen unausgesprochene Kleiderregeln, die oft von oben vorgelebt werden oder sich im Lauf der Zeit entwickelt haben. Das hat sich z.B. nach der Pandemie gezeigt, jetzt tragen viele Angestellte lässigere Outfits als vorher.
Eine Kleiderordnung (Dresscode) bietet Mitarbeitenden einen Rahmen an Optionen für mögliche Looks. Solche unausgesprochenen Dresscodes sind sehr unterschiedlich – in klassischen Branchen wie Versicherungen und Kanzleien tragen die Angestellten oft Business Casual, in der Kreativwirtschaft wird getragen, was gefällt. Dabei kann jede/r Einzelne entscheiden, inwieweit er diese unausgesprochenen Regeln befolgt oder seinen eigenen Stil pflegt.
Wer sich Gedanken über seine Rolle und Wirkung im Job macht, wird verstehen, welche Outfits zu lässig und welche passend sind. Kleider machen immer noch Leute. Und Kleider machen Erfolg. Wer sich nachlässig kleidet, wird schnell ausstrahlen, dass ihm die Arbeit eigentlich egal ist – und das fördert nicht gerade den beruflichen Aufstieg. Ich habe schon erlebt, dass Azubis besser angezogen waren als ihre Chefs, was mich in Meetings irritiert hat. Mode sollte widerspiegeln, wer Du bist, was Du fühlst und wo Du hinwillst.
Was sind absolute No-Gos als Kleidung im beruflichen Umfeld unabhängig von der Hierarchie?
SD: Crocs, transparente Tops, Leggins mit sichtbarem Po und zu viel Haut sind klassische No-Gos. Meist ist es aber mehr die Kombination von Kleidungsstücken, die einen Look inakzeptabel aussehen lässt. Ich finde zum Beispiel Bermuda Shorts bei Männern im Hochsommer ok, wenn sie ein Poloshirt und anständige Schuhe dazu tragen, aber eben nicht Treckingsandalen und ein bedrucktes Konzert-T-Shirt.
Unvorteilhaft ist zu enge Kleidung, die alles abzeichnet: Hemden, die im Sitzen so spannen, dass der Bauch herausblitzt oder breite verwaschene BH-Träger unter Spaghetti-Tops. Funktionskleidung aus dem Outdoorbereich hat auch keinen eleganten Touch und passt daher nicht ins klassische Business.
Es gibt Branchen wie etwa Banken und Versicherungen, die gelten als eher konservativ, was Kleidungsregeln angeht, in der Kreativwirtschaft sind sie deutlich lockerer. Ist das noch immer so?
SD: Als Kunde erwarten viele in der Bank ein ansprechendes gepflegtes Gegenüber, insofern machen Dresscodes dort Sinn, wo Dienstleistung am Kunden im Mittelpunkt steht. Es muss aber kein Anzug mit Krawatte sein. In der Kreativwirtschaft geht es deutlich lockerer zu. Dennoch gibt es auch dort unausgesprochene Trends und Styles. Bestimmte Marken, Taschen oder Sneaker gehören auch da zum zeitgemäßen Fashion Look dazu.
Sind bestimmte Kleidungsregeln vielleicht sogar hilfreich und nicht nur einschränkend?
SD: Steife Kleidervorschriften gehören längst der Vergangenheit an. Heute wünschen sich Unternehmen einfach ein professionelles Auftreten ihrer Mitarbeiter. Durch einen kompetenten Auftritt werden Image und Firmenwerte vermittelt und die Mitarbeitenden beeindrucken ihre Kunden positiv und nachhaltig. So können Botschaften nach außen transportiert werden und damit deutlich erfolgreicher sein und mehr Umsatz generieren.
Was früher der blaue Hosenanzug mit Krawatte war, ist heute oft Business Casual: Ein Dresscode, der bestimmte Kleidungsstücke wie Sakkos, Blazer, Stoffhosen, schlichte Kleider und kragenlose Blusenshirts beinhaltet. Diese Variationen helfen Angestellten sehr, sich für Kleidungsstücke zu entscheiden, die zur eigenen Persönlichkeit und Figur passen. Das sorgt für mehr Selbstsicherheit und vermittelt Kompetenz.
Solch individuell erstellte Dresscode entwickle ich mit Firmen. Ob für den Alltag, Messe oder Special Events. Dazu gehören Fotos, Styleguides und Schulungen, damit sich alle wohlfühlen und neue Mitarbeiter sowie Azubis eine Leitlinie haben.
Bei vielen Männern ist die Krawatte eher zur Ausnahme geworden. Sogar bei der Tagesschau sind sie nicht mehr Pflicht. Gut oder schlecht?
SD: Die Krawatte ist generell out und wird laut Trendexperten in einigen Jahren ganz vom Markt verschwinden. Noch trägt man sie im seriösen traditionellen Umfeld wie der Politik, vor Gericht, als Finanzexperte oder in der Oper. Auch bei familiären Anlässen kann sie getragen werden. Gut oder schlecht? Es gibt immer Gegentrends: In der hippen Modewelt wird sie Teil einer neuen Coolness und zum Normcore- und Punk-Accessoire oder zum verspielten Statement-Piece. So kann jeder Mann Krawatte tragen, ohne poliert oder spießig auszusehen.
Männer haben es oft einfacher. Sie tragen Anzüge wie eine Art Uniform im Job. Worauf sollte man dennoch achten?
SD: Passform und gute Qualität, denn viele unterschätzen, was das ausmacht. Ich zeige meinen Kunden beim Personal Shopping gerne die Unterschiede der Silhouetten und erkläre, welche differenzierten und individuellen Möglichkeiten es für einen super Auftritt gibt. Mode kann man kaufen. Aber Stil muss man haben.
Bei Frauen wird deutlich genauer und oft kritischer beim Kleidungsstil hingeschaut. Greifen deshalb so viele Frauen – gerade in Führungsfunktionen – zum blauen Anzug, in dem man nicht auffällt?
SD: Frauen werden seit jeher immer für ihr Aussehen bewertet, das nervt viele zurecht. Manche greifen deshalb zum 08/15 blauen Anzug - andere tun es, weil es einfach ist und Zeit beim morgendlichen Herumprobieren vor dem Schrank spart. So muss Frau sich keine Gedanken über ihr Outfit machen. Wir Frauen haben die Möglichkeit eine viel größere Auswahl an Farben, Silhouetten und Accessoires zu tragen. Damit können wir Weiblichkeit und Individualität zeigen – aber vor allem auch sichtbarer werden. Das ist auch meine Mission, ich möchte Frauen stärken und ermutigen, sich mehr zu trauen.
Gibt es noch so etwas wie Must-haves in der Business-Garderobe. Welche sind das bei einer Frau? Welche bei einem Mann?
SD: Ein gut geschnittenes Kleid steht jeder Frau und ist ein super Basic in der Garderobe. Das Pendant beim Mann sind gute gepflegte Schuhe.
Bei unser Außenministerin Annalena Baerbock konnte man seit Amtsantritt eine große stilistische Veränderung beobachten. Ist sie ein gutes Vorbild, um ein modernes Deutschland zu repräsentieren?
SD: Sehr viele Frauen finden den Stil von Annalena Baerbock großartig. Sie ist ihnen ein Vorbild, weil sie elegant, modern und schlicht gekleidet ist, dabei aber niemals langweilig oder bieder. Ich habe einen Blog über sie auf meiner Homepage, der jeden Monat über 4000 Mal gelesen wird. Frauen suchen solche Kleidung und die ist schwer zu finden. Es sind klassische Teile in tollen Farben, schöne Kleider und elegante Mäntel, die die Looks komplettieren. Das repräsentiert ein modernes Deutschland.
Seit Corona sind Kleidungsregeln nochmal lockerer geworden. Die Jogginghose ist aus dem Straßenbild nicht mehr wegzudenken. Bedauern Sie das oder kann man ein solches Stück auch Business-/Alltags-tauglich machen, ohne zu leger auszusehen?
SD: Karl Lagerfelds Spruch „Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“ gehört wohl der Vergangenheit an. Ich trage sie auch nur zu Hause, aber wenn Frau Highheels, eine weiße Bluse und einen schwarzen Blazer zu einer schmalen leichten Jogginghose kombiniert, dreht das Outfit in eine sportlich-elegante Richtung und kann businesstauglich aussehen.
Wir leben in wirtschaftlich angespannten Zeiten. Kann man sich dennoch qualitativ gut kleiden, ohne sich völlig finanziell zu verausgaben?
SD: Es gibt jedes Kleidungsstück in günstig, mittel und teuer. Wichtig ist bei jedem neuen Kauf zu überlegen: Kann ich das Teil dreimal anders kombinieren? Wie oft werde ich es tragen? So lässt sich der „Cost by wear“ errechnen. Eine perfekt sitzende Hose aus guter Qualität wird sicherlich zum Lieblingsstück und so wären 160 Euro Investition bei einer Tragedauer von 5 Jahren völlig ok.
Sie haben schon sehr viele Menschen angezogen, darunter VIPs und gehen auch mit Kunden und Kundinnen einkaufen. Wie gehen Sie vor, um den richtigen Stil für die jeweilige Person zu finden?
SD: Ich biete ein 30-Minuten-Kennenlerngespräch und lasse mir zur Vorbereitung Bilder schicken sowie einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen. So bekomme ich einen guten Eindruck des Kunden. Wir besprechen, welche Stücke gebraucht werden oder welche inhaltlichen Wünsche und Ziele es gibt.
Viele meiner Kund:innen sind erstaunt, was sie alles tragen und wie viel besser sie aussehen können. Sie lernen, was Kleidung für ihre Figur tun kann. Ich überrasche dabei gerne mit neuen Ideen. Wenn sie sich dann im Spiegel bewundernd anstrahlen, habe ich gute Arbeit geleistet und bin auch zufrieden. Auf meiner Homepage gibt es einen Stiltest, da kann jede ihr vorhandenes Gespür für Mode ausprobieren.
Wen würden Sie gerne mal einkleiden?
SD: Ursula von der Leyen, sie könnte viel moderner aussehen.
Wenn man nur ein Stück in dieser Saison Herbst/Winter kaufen möchte. Was wäre eine gute Investition?
SD: Ein langer eleganter Wollmantel aus super Qualität für Frauen und für Männer einen Kaschmirpullover in einer außergewöhnlichen Farbe, die zum Typ passt.
Weihnachten naht in schnellen Schritten: Wie kann man sich festlich anziehen, ohne etwas Neues zu kaufen?
SD: Ich finde Frauen im kleinen Schwarzen toll und das haben sehr viele im Schrank. Je nach Anlass kann es gemütlich mit einem kurzen Strickjäckchen, funkelnder Kette oder Ohrringen oder sportlicher mit einem gemusterten Blouson getragen werden. Mit ein bisschen Pailletten-, Glitzer- oder Samt-Accessoires lässt sich leicht ein festliches Outfit kombinieren. Schick sehen Pumps dazu aus, gemütlicher sind Stiefel.
Mehr Infos über Stefanie Diller:
https://www.diller-yourself.de/
Festliche Looks für Weihnachten, Party und Silvester. (diller-yourself.de)