Weltgästeführertag 2024: Hamburg mit neuen Augen sehen

Weltgästeführertag 2024: Hamburg mit neuen Augen sehen 2362 1576 Verena Liebeck
#behind­the­s­cenes

Weltgästeführertag 2024: Hamburg mit neuen Augen sehen

02. März 2024

Straßen, Gassen, Brücken und Plätze standen im Mittel­punkt des Tages; eine Tour feierte die Hanse­stadt als Venedig des Nordens.

Februar kann ein schwie­riger Monat sein. Meist kalt, grau und häufig verregnet. Doch der Wettergott hatte am 25.2.2024 ein Einsehen, ab und zu blinzelte sogar die Sonne durch die Wolken­decke. An diesem Tag feierten die Gäste­führer und Gäste­füh­re­rinnen Hamburgs ihren Berufs­stand und boten tolle kostenlose Touren in der Stadt an. Seit 1987 gibt es den Weltverband der Gäste­füh­rer­ver­bände, auf dessen Gründungs­datum der Weltgäs­te­füh­rertag zurückgeht. Immer rund um den 21. Februar herum machen Guides in aller Welt auf ihre Expertise aufmerksam. Denn wer Führungen etwa für den Gäste­füh­rer­verein Hamburg Guides anbietet, darf das nur mit einer entspre­chenden Ausbildung. Seit über drei Jahren freuen wir uns vom Alten Wall darüber, mit den Hamburg Guides zu koope­rieren und dadurch diesen tollen Berufs­stand auch ein Stück zu unter­stützen. Und natürlich mit ihnen Hamburg noch besser kennenzulernen.

Mehr Brücken als Venedig und Amsterdam

Im Rahmen des diesjäh­rigen Mottos „Straßen, Gassen, Brücken und Plätze“ begaben wir uns bei einer Tour auf die Spuren des „Venedig des Nordens“. Geführt von Sarah Janning-Picker, die auch Vorständin der Hamburg Guides ist. So mancher mag denken, dass die italie­nische Lagunen­stadt viel mehr Brücken als die norddeutsche Metropole hat. Weit gefehlt. Auch Amsterdam und Berlin sind in Sachen Brücken­anzahl abgeschlagen. Hamburg verfügt über rund 2700 Brücken und gezählt werden dabei nur die echten Brücken. Gibt es also auch falsche Brücken? Sagen wir mal so. Im Laufe der Stadt­ver­grö­ße­rungen oder durch Ereig­nisse wie dem großen Brand 1842 verrin­gerte sich die Zahl der Fleete, so dass Brücken abgetragen wurden, wie etwa die Börsen­brücke, die um die Ecke von unserem Start­punkt der Patrio­ti­schen Gesell­schaft liegt. Vor dem Brand führte die Brücke tatsächlich über ein Fleet, heute ist sie eine ganz normale Straße. Auch die kleine Straße Neß erzählt von einer längst vergan­genen Zeit. Neß bedeutet nämlich Landzunge.

Marion-Gräfin-Dönhoff-Brücke – Neuent­de­ckung selbst für Hamburger

Einer der prägnan­testen Plätze der Stadt ist der Adolphs­platz vor der Handels­kammer. Doch kaum jemand hat eine Ahnung, woher der Platz seinen Namen hat. Natürlich weiß das unsere Gäste­füh­rerin. Adolph III. war Begründer der Neustadt Hamburgs und sein Sohn Adolph IV. ist der Namens­geber für den viel frequen­tierten Platz. Nur ein paar Meter weiter biegen wir in den Alten Wall ein. Der schöne Flanier­bou­levard mit dem histo­ri­schen Gebäu­de­en­semble verfügt über teils denkmal­ge­schützte Fassaden. Das Kunstwerk „Gesell­schafts­spiegel“ flankiert mit zwei Skulp­turen die jewei­ligen Enden des Alten Wall zwischen Adolphs­platz und Rathaus­markt. Als sich die Mitlau­fenden unter eine der 8 Meter 50 hohen Skulp­turen stellen, um durch das innere Kalei­doskop den Himmel zu betrachten, herrscht für einen Augen­blick absolute Stille. Denn mit dem wechselnden Wetter­stim­mungen verändert sich auf faszi­nie­rende Weise auch immer wieder die Sicht auf die Umgebung. Anschließend gehen wir durch die Bucerius-Passage zur Marion-Gräfin-Dönhoff-Brücke. Benannt nach der bekannten und coura­gierten Zeit-Verle­gerin ist die kleine Fußgän­ger­brücke für einige in der Gruppe durchaus eine Neuent­de­ckung. Denn die Brücke gibt es erst seit ein paar Jahren und verbindet den Alten Wall mit dem Neuen Wall. Beide Straßen­namen sind quasi Zeitzeugen eines wachsenden Hamburgs. Ursprünglich ging die Innen­stadt Hamburgs nur bis zum Alten Wall, doch nach und nach breitete sich die Stadt immer weiter aus. Vom Alten Wall zum Neuen Wall und immer weiter.

Demnächst zu entdecken: Karl-Lagerfeld-Promenade und Rathauspassage

Der Parcours am Fleet auf der anderen Seite der Brücke, der im Moment Am Alster­fleet heißt, bekommt am 30. Mai 2024 einen neuen Namen. Dann wird er Karl-Lagerfeld-Promenade heißen. Der ehemalige Chanel-Designer Lagerfeld wurde 1933 in Hamburg geboren und wuchs hier auf. Der 155 Meter lange Abschnitt läuft zwischen Adolphs­brücke und dem Neuen Wall 75 entlang. Man munkelt, dass auch seine einstige Muse und Super­model Claudia Schiffer zur Einweihung vorbei­schauen soll.

Wir laufen weiter zur Rathaus­schleuse, eine von zahlreichen Schleusen entlang der Alster, die mit dafür sorgen, Hamburgs Innen­stadt von Hochwasser zu verschonen. Entlang der Alster­ar­kaden erfahren wir noch, dass die kleine Rathaus­passage gegenüber im März 2024 nach längerem Umbau endlich eröffnet wird. Zu erreichen wird sie von der U-Bahnstation Rathaus­markt sein, sie beher­bergt u.a. eine diako­nische Einrichtung und ein tolles Bücher-Antiquariat. Auch Toiletten werden dort zu finden sein. Durch Hamburgs kleinste und älteste Passage Mellin, die ihren Namen von einem Konditor erhielt und mit schönen Jugendstil-Fresken aufwartet, gelangen wir zum Neuen Wall. Eine der bekann­testen und teuersten Shopping-Straßen, die erst im Zuge des Wachstums des mittel­al­ter­lichen Hamburgs überhaupt entstand.

Anschließend werfen wir vom Jungfern­stieg aus einen Blick auf die Lombards­brücke. Namens­geber war ein Pfand­leihhaus, das bis ins 19. Jahrhundert nicht weit entfernt seinen Sitz hatte. Da diese Brücke in den 50er Jahren den Verkehr nicht mehr bewäl­tigen konnte, entstand zur Entlastung die Neue Lombards­brücke. Nach der Ermordung des ehema­ligen US-Präsi­denten John F. Kennedy 1963 wurde die Brücke nur wenige Tage nach dessen Tod in Kenne­dy­brücke umbenannt.

Weiter geht es zum Rathaus­markt, der schon lange seine Bezeichnung hatte, bevor dort überhaupt das jetzige Rathaus stand. Beim großen Brand Hamburgs hatte man das alte Rathaus gesprengt, um das Feuer aufzu­halten, was nicht wirklich gelang. 50 Jahre dauerte der Bau des neuen Rathauses, das 1897 einge­weiht wurde. Einen klassi­schen Markt gibt es vor dem Rathaus nicht, sehr wohl aber einen der berühm­testen und größten Weihnachts­märkte jeweils zur Adventszeit.

Möncke­berg­straße mit zwei Namensgebern

Kurz blicken wir noch in die Möncke­berg­straße – von Einhei­mi­schen gerne auch kurz „Mö“ genannt. Namens­geber war der Ex-Bürger­meister Johann Georg Mönckeberg. 2022 wurde aber noch eine Namens­ge­berin ergänzt. Vilma Mönckeberg-Kollmar war seine Schwie­ger­tochter und eine bekannte Litera­tur­wis­sen­schaft­lerin, die aller­dings ihren ersten Mann früh verlor. Bekannt wurde sie vor allem als Märchen­er­zäh­lerin, die Anfang des 20. Jahrhun­derts in der ganzen Welt unterwegs war, was für eine Frau alleine in dieser Zeit schon sehr ungewöhnlich war. Den Nazis war sie damit ein Dorn im Auge, sie belegten sie mit Berufs­verbot. Erst nach dem Krieg konnte sie wieder arbeiten und gründete die Frauen­or­ga­ni­sation W.O.M.A.N (World Organization of Mothers of all Nations).

Dank dieser Tour mit neuem Wissen ausge­stattet, blicken wir künftig bestimmt anders auf die Straßen, Gassen, Brücken und Plätze der Innen­stadt. Vielen Dank Hamburg Guides.

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