Hamburg zeigt Flagge: Oliver Greve taucht die Stadt zur Pride Week in Regenbogenfahnen
Vor elf Jahren startete der Mann hinter der „Hamburg zeigt Flagge“ Aktion seine Mission, um ein Zeichen für eine diverse Gesellschaft zu setzen.
Der Mann hat einen engen Zeitplan nur wenige Tage vor dem Start der Pride Week in Hamburg. Oliver Greve hat gerade die Terrassen des Reese-Hauses gegenüber vom Hamburger Rathaus komplett in Regenbogenfahnen gehüllt und radelte dann weiter zur Mönckebergstraße, um das Mammographie-Zentrum zu beflaggen. Jetzt kommt er etwas außer Atem zum Alten Wall geflitzt, wo seit Tagen schon die neue Fahne der Pride Bewegung im Wind weht.
Zwei Flaggen für mehr Sichtbarkeit des Anliegens von Hamburg Pride
Moment: zwei verschiedenen Fahnen, wie kommt das denn? Greve erklärt, dass sich die Community gerade in einem Entwicklungsprozess bei den Flaggen befindet. Einige Menschen schätzen und feiern den klassischen Regenbogen, der in den letzten Jahrzehnten verwendet wurde. Andere wiederum fühlen sich in diesem Symbol nicht vollständig repräsentiert, da es die Vielfalt innerhalb der Community nicht ausreichend abbildet und sie sich nicht stark genug damit identifizieren können. Der Verein Hamburg Pride möchte keine Vorgaben machen, sondern jeder Person freistellen, die Flagge zu benutzen, die sich für sie passend anfühlt. Denn ihnen liegt das Thema Intersektionalität am Herzen. Intersektionalität beschreibt die Überschneidung und Gleichzeitigkeit verschiedener Formen von Diskriminierung gegenüber einer Person in der gesellschaftlichen Realität. Und so werden also sowohl die „klassische“ Regenbogenflagge als auch die Intersex -inklusive Fahne in Hamburg zu sehen sein.
Greve selbst ist seit elf Jahren unermüdlich im Einsatz, so viele Standorte wie möglich in der Hansestadt mit Flaggen zu bestücken. „Mit den Regenbogen-Flaggen wollen wir ein sichtbares Zeichen für die LGBTIQ (Lesben, Schwule, bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche) Community setzen. Hamburg steht für Werte wie Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit. Das passt gut zusammen.“ Als er anfing, Unternehmen anzusprechen, ob sie sich nicht über die Regenbogenflagge zur Vielfalt der Gesellschaft bekennen wollten, gab es nur wenig öffentliches Bekenntnis zu Diversity. Inzwischen hat er viel erreicht. Jedes Jahr kommen mehr Unternehmen und Sponsoren dazu. 500 Orte sollen dieses Jahr mit den entsprechenden Flaggen ausgestattet werden. Mittlerweile gibt es eine Google-Map, auf der man sehen kann, wo die Standorte sind. In der Innenstadt befinden sich die meisten Stellen. Denn hier sitzen zahlreiche Unternehmen, für die es mehr als zum guten Ton gehört, sich für Toleranz und Vielfältigkeit einzusetzen. „Wenn Unternehmen die Google Map sehen, wollen sie auch unbedingt dabei sein“, so Greve. Viele Firmen haben inzwischen sogar eigene Diversity-Manager. Zu den prominenten Mitmachenden gehören etwa die Otto Group, Immobilienentwickler Art-Invest Real Estate (zu deren Portfolio etwa das Reese Haus und der Alte Wall gehören), HASPA, Budnikowski, Edeka, die Alstertouristik, der HSV und der FC St. Pauli
Die Schwiegermutter näht im Winter die Flaggen zusammen
Mindestens zwei Monate im Jahr kümmert sich Oliver Greve ehrenamtlich um „Hamburg zeigt Flagge“. Offiziell gehört er mit seiner Aktion zu Hamburg Pride, macht aber alles nach eigenem Ermessen. „Ich investiere so viel Zeit, wie ich Lust habe.“ Seine Schwiegermutter näht übrigens über den Winter die Fahnen zusammen, so dass er sie dann auf den Terrassen entsprechen aufhängen und verankern kann.
Inzwischen hat er sogar ganze Verbände auf seine Seite gebracht wie etwa den deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und den Logistikverband, die von sich aus ihre Mitglieder anschreiben und zum Mitmachen anregen.
Der offizielle Start zu „Hamburg zeigt Flagge“ ist das Hissen der Regenbogenflagge am Hamburger Rathaus am 26. Juli 2024. Die Pride Week startet dann am 27. Juli mit der Pride Night auf Kampnagel. Über 100 Veranstaltungen folgen im Laufe der Woche – von Lesungen über Workshops, Diskussionsrunden, Konzerte bis hin zum Christopher Street Day (CSD) Wochenende vom 2-4. August. Die Demo zum CSD findet am 3. August 2024 statt und zieht diesmal bis zum Rathaus. Zur Demo werden rund 250.000 Menschen erwartet, die auch ein deutliches Signal gegen rechts setzen wollen. Denn das CSD-Motto in diesem Jahr lautet „5 vor 12! Du & ich gegen Rechtsdruck“.
Wenn die Pride Week vorbei ist, widmet sich Oliver Greve noch einem zweiten Ehrenamt und gibt Kindern Nachhilfe. Wenn er nicht mit seiner Aktion beschäftigt ist, wandert er gerne und fährt Ski. Doch bestimmt überlegt er dabei schon wieder, welche Unternehmen er im folgenden Jahr für „Hamburg zeigt Flagge“ gewinnen kann. Es sind noch immer ziemlich viele Fahnenmasten frei.
Weitere Infos:
https://www.hamburg-pride.de/pride-2024/hamburg-zeigt-flagge (inklusive Google Map)