Sascha Hamann: Der Mann, der die ganze Stadt zum Leuchten bringt
Seit 20 Jahren arbeitet Sascha Hamann mit Lichtkünstler Michael Batz, um dessen Visionen zum Leben zu erwecken – etwa beim Blue Port und INTER/WALL Festival am Alten Wall.
Wiesen soweit das Auge reicht. Ein paar Pferde grasen entspannt in der Nähe. Der Hausherr selbst sitzt mit Kater Rudi auf dem Schoß vor dem Haus seines Bauernhofs in Norderstedt, nur wenige Kilometer hinter der Hamburger Stadtgrenze. Dass Sascha die anspruchsvollsten und manchmal fast unmöglichsten technischen Projekte im Arbeitsalltag umsetzt, vermutet man bei diesem Bild auf den ersten Blick nicht. Besonders wenn dann noch seine anderen Pferde aus dem Stall ans Gatter kommen, um uns alle zu begrüßen. „Bei seinen Tieren wird er emotional“, verrät uns seine Frau ein wenig später.
Auf sechs Hektar, also 60 000 m², hat sich Sascha Hamann sein eigenes Naturparadies erschaffen. Neben seiner Firma HG-Technik, die für Industrieunternehmen Firmen-Shows, Pressekonferenzen und auch Events mit Catering realisiert, bewirtschaftet er auch den Bauernhof noch selbst. Vor wenigen Tagen erst hat er das Heu eingefahren. „Der Tag hat 24 Stunden. Wenn man den Schlaf abzieht, kann man 16 Stunden arbeiten“, meint er trocken, als wir ihn fragen, wie er beides unter einen Hut bekommt. Sascha ist nur wenige Minuten entfernt aufgewachsen. Die Natur war also schon immer wichtiger Bestandteil seines Lebens. Seine Eltern hatten einen Gartenbaufirma, wo er auf ihren Wunsch Garten- und Landschaftsgärtner gelernt hat. Nebenbei arbeitete er aber schon für DJs, denn sein Herz schlug schon immer für technische Tüfteleien. Sein Cousin hatte viel „Elektrokram, davon war ich schon als Kind fasziniert und habe viel rumgefummelt“, erzählt er. Sein Cousin ließ ihn nicht nur rumfummeln, sondern band ihn auch schnell in Projekte ein. Später arbeitete er als Roadie und lernte über seine Arbeit für Musiker sogar Musikgrößen wie Udo Lindenberg, Nina Hagen und Gottfried Böttger kennen.
Vom Garten- und Landschaftsbauer zum Tausendsassa technischer Großprojekte
Was auch dazu führte, dass er den Garten- und Landschaftsbau schon bald sein ließ, in den 90er Jahren umsattelte. Danach bekam er Kontakt zu einer Firma, die große Veranstaltungen realisierte und „eine eierlegende Wollmilchsau suchte“. Sascha Hamann war genau der Mann, den sie brauchten. Und so war er plötzlich bei der Eröffnung des Hauptbahnhofes in Berlin an Bord. Es folgten Konzerte etwa für „Böse Onkel“ und das Heavy Metal Festival in Wacken, bei dem er dann sogar technischer Leiter war. Kleine Anekdote: Er selbst hört überhaupt keine Musik. „Der Job kann sein, stille Lampen am Alten Wall anzubringen oder eben Krach zu ermöglichen wie in Wacken. Es sind Jobs, um Geld zu verdienen“, erklärt er ganz nüchtern.
Auch bei den künstlerischen Projekten, die er mit Lichtkünstler Michael Batz realisiert, regen sich keine großen Gefühle bei ihm. Für ihn ist die Beleuchtung des Hafens für den weit über Hamburg hinaus bekannten „Blue Port“ nach zehn Veranstaltungen schlicht Routine. „Es geht eher darum, ob alles rechtzeitig fertig wird und die Lampen gehen.“ Mit Michael Batz arbeitet er seit 20 Jahren zusammen. In Kontakt kamen sie über Michael Batz damaliges Projekt der „Blue Goals“. Sascha Hamann wollte unbedingt in Norderstedt ein „Blue Goal“ umsetzen. Sowohl der Bürgermeister als auch Michael Batz gaben ihr Ok. Seitdem hat er mit Michael Batz viele Kunstkonzepte realisiert. „Das erste gemeinsame Projekt war eine Inszenierung der Kathedrale von Chartres. Seitdem arbeiten wir zusammen. Das Besondere an der Zusammenarbeit ist, dass er sich intuitiv in Konzepte einfühlen kann, sehr zuverlässig und professionell ist. Vor allem Saschas konstruktive Phantasie ist einmalig. Ihm fällt immer etwas ein, wie eine Idee zu realisieren ist. Im Hafen kennen sie ihn mittlerweile alle“, erzählt Michael Batz schmunzelnd. Der gemeinsame Erfolg besteht auf einer Kommunikation, die kaum noch Worte braucht. „Ich verstehe, was Michael will!“ Man stelle sich vor, zwei Männer stehen vor einem Gebäude und einer brummelt was von Licht und wie es atmet. Und der andere sagt: „Ja verstehe, machen wir so.“ Eine echte Wesensverwandtschaft.
Über der offenen Baustelle der Elphi Lampen angebracht
Auch wenn Sascha Hamann nicht viel aus der Ruhe bringt, es gab durchaus Projekte, die auch für ihn herausfordernd waren. Michael Batz: „Während der Bauphase stand die Elbphilharmonie lange offen ohne Dach. Ich wollte für den Blue Port aber schon die charakteristische Dachfigur mit den geschwungenen Linien zeigen. Sascha hat es möglich gemacht – in einer waghalsigen, aber höchst professionellen Weise.“ Sascha Hamann spannte mit seinem super Team ein Stahlseil über die offene Baustelle und brauchte die Lampen entsprechend an. Zusammen mit Michael Batz bereiste er viele Länder für Projekte. In Brasilien etwa illuminierten sie das Theatro Municipal in Sao Paulo.
Auch für das Festival INTER/WALL am Alten Wall, bei dem Michael Batz als künstlerischer Leiter fungiert, ist er selbstverständlich mit dabei und beleuchte nicht nur die preisgekrönte Architektur des historischen Gebäude-Ensembles und die umliegenden Brücken, sondern im letzten Jahr auch die Kräne der Baustellen am Alten Wall 38 und 40. Es mag ungerecht sein. Ohne Sascha Hamann könnte Michael Batz seine Projekte nicht realisieren, der Applaus freilich gilt vorwiegend Michael Batz. Sascha Hamann stört das nicht wirklich. „Auch ich bekomme Presse für das, was ich mache“, sagt er selbstbewusst und zeigt uns eine Wand voller Zeitungsartikel etwa über den „Blue Port“, die seine Frau für ihn gemacht hat.
Vor ein paar Wochen setzte er mit Michael Batz eine zeitlich begrenzte Lichtinstallation am Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin um. Das gab es vorher noch nie. Dagegen waren die zahlreichen Lichtstehlen am Jungfernstieg in Hamburg im Januar 2024 ein Routine-Job, auch wenn sie die Besucher und Besucherinnen der City in der dunklen Jahreszeit sehr erfreut haben.
Reizen würde ihn, der quasi immer kurze Hosen trägt, noch die Illumination der Freiheitsstatur in New York und die Brücke Luis I in Porto. Auch ein Mann, der schon fast alles gemacht hat, darf noch träumen. Arbeiten will er, solange Michael Batz noch Projekte macht. Der „Blue Port“ 2025 steht schon auf seiner Liste.
Ob Sascha Hamann danach wirklich aufhören kann? Schließlich hat er die letzten 25 Jahre keinen Urlaub gemacht und 300 Stunden Arbeit im Monat sind für ihn keine Seltenheit. Doch dann beobachten wir ihn mit seinen Pferden und hören zu, wie er uns von der Aufzucht seiner Gans Gerda erzählt, die sogar am Anfang mit am Frühstückstisch saß, und glauben, dass ihm die Tiere und der Bauernhof alles geben, was er am Ende für seinen Alltag braucht.
Weitere Infos: https://www.hg-technik.de/