Fee Schlennstedt: Wie die Macherin hinter dem Nica Jazz Club am Alten Wall ein breites Publikum in Hamburg begeistern will

Fee Schlennstedt: Wie die Macherin hinter dem Nica Jazz Club am Alten Wall ein breites Publikum in Hamburg begeistern will 2560 1707 Verena Liebeck
#behind­the­s­cenes

Fee Schlennstedt: Wie die Macherin hinter dem Nica Jazz Club am Alten Wall ein breites Publikum in Hamburg begeistern will

18. September 2024

Am 9. November wird der Nica Jazz Club seine Pforten eröffnen und Heimat für etablierte und junge Nachwuchs­künstler der Jazz-Szene aus der ganzen Welt werden. 

Es gibt Geschichten, die klingen zu gut, um wahr zu sein. Etwa die der Baroness Pannonica de Koenigs­warter, kurz Nica genannt. Sie wurde 1913 in die berühmte Rothschild-Bankiers­dy­nastie geboren, heiratete in den 30er Jahren den franzö­si­schen Diplo­maten Baron Jules de Koenigs­warter und hatte mit ihm fünf Kinder. Sie war im Zweiten Weltkrieg Teil der Résis­tance in Frank­reich und Nordafrika. Nach ihrer Trennung ging sie 1951 nach New York, wo sie über alle Klassen- und Rassen­grenzen hinweg zur bedeu­tendsten Mäzenin der schwarzen Jazz-Szene wurde. Sie förderte viele Musiker, wie zum Beispiel Jazz-Pionier Thelo­nious Monk, mit dem sie mehr als eng befreundet war. Ihr leiden­schaft­liches Engagement für den Jazz und die Musiker und ihr Mut, ein Leben gegen jegliche Konven­tionen zu führen, prägten sie und ihren Ruf. Ein Leben wie ein großes Wow!

Für Fee Schlenn­stedt, geschäfts­füh­rende Gesell­schaf­terin des neuen Jazz-Clubs auf der Fleet­seite vom Alten Wall, gab es keine bessere Namens­ge­berin. „In der Jazzszene gilt sie als kompro­misslose Unter­stüt­zerin des Jazz und ihrer Musiker. Der Name sollte zudem positiv, inter­na­tional und einfach auszu­sprechen sein: Nica war also aus vielerlei Hinsicht der perfekte Name für unseren Club“, erzählt sie uns. Vielleicht ist der Name derzeit noch ein Insider unter Jazz-Fans, doch mit dem Nica Jazz Club möchte die studierte Kultur­wis­sen­schaft­lerin ein breites Publikum für diese Musik­richtung begeistern. „Es gibt so viele Menschen, die davon überzeugt sind, keinen Jazz zu mögen. Ich möchte sie gern vom Gegenteil überzeugen. Diese Musik ist so vielfältig und facet­ten­reich – außerdem wird es auch Blues, Funk und Soul-Konzerte geben. Der Club soll ein Ort für alle werden – mit einer gemüt­lichen, entspannten Atmosphäre, bloß nicht posh. Mir ist sehr wichtig, dass auch junge Leute kommen und nicht nur das etablierte Jazz-Publikum“, sagt Fee Schlenn­stedt, die schon seit ihrer Kindheit vom Jazz „elektri­siert“ ist.

Unter ihrer Führung wurde Quasimodo zum Club des Jahres gekürt

Schlenn­stedt hat in der Kultur- und Musik­szene einen Ruf wie Donnerhall. So leitete sie sieben Jahre das Kultur-Programm auf Schloss Elmau, wo sie Konzerte aus Klassik, Weltmusik und Jazz ebenso veran­staltete wie Lesungen und Vorträge. „Ich konnte mich dort program­ma­tisch extrem austoben und habe es geliebt. Aber ich war damals zu jung, um dauerhaft dort zu bleiben. Ich wollte einfach noch etwas anderes sehen und lernen.“ Und so managte sie danach etwa den Jazzclub Unter­fahrt in München. Zuletzt verhalf sie dem Berliner Club Quasimodo zu längst verges­senen Höhen. 2019 wurde diese Berliner Insti­tution sogar als „Club des Jahres“ ausge­zeichnet. Die Frau weiß also genau, was sie tut, und ist exzellent verdrahtet in der Musik­szene. In ihrer Vergan­genheit hat sie immer wieder sehr früh Musiker entdeckt, die später echte Größen der Branche wurden wie etwa für die Unter­fahrt Cécile McLorin Salvant oder Michael Wollny, der auf Schloss Elmau auftrat, bevor er weltbe­kannt wurde.

Fee Schlenn­stedt © Götz Wrage

Schon seit einiger Zeit träumte Fee Schlenn­stedt davon, einen eigenen Musikclub zu betreiben. Bassist Dieter Ilg, ein befreun­deter Musiker, brachte sie mit ihrem jetzigen Geschäfts­partner Robert von Bennigsen zusammen. Über zweieinhalb Jahre suchten beide nach der richtigen Immobilie. Denn sie muss die richtige Größe haben, darf nicht zu viele Säulen aufweisen und man braucht eine gewisse Verteilung von Räumlich­keiten beispiels­weise für Künst­ler­gar­de­roben. Irgendwann stießen beide auf den Alten Wall. „Die Location ist etwas sehr Beson­deres, mit dem unfassbar schönen Fleet­blick und ihrer Lage hat sie ein Allein­stel­lungs­merkmal“, zeigt sich die Kultur­ma­na­gerin begeistert. Vor allem dürfte der Jazzclub zu einer wesent­lichen Belebung der Hamburger Innen­stadt beitragen. Denn außer dem Thalia Theater gibt es derzeit keine Kultur­stätte im Inneren der City, die Hamburger oder Touristen abends anlaufen könnten. Von Restau­rants und Bars mal abgesehen.

Nica will auch ein junges Publikum ansprechen

Fünf Konzerte pro Woche sollen ab 9. November 2024 am Alten Wall 20 gespielt werden. Den Auftakt macht kein Gerin­gerer als Starbassist Richard Bona. „Er vereint in seiner Musik bereits so viele Stile, wie ich es für den Club generell plane, einfach das perfekte Eröff­nungs­konzert.“ Für den 1. Dezember konnte sie Dee Dee Bridge­water gewinnen, ein Weltstar in intimer Club-Atmosphäre. Parallel zu den Konzerten öffnet die dazuge­hörige Bar und es wird ausge­suchte Kleinig­keiten zu essen geben. 300 Sitzplätze bietet der Nica Jazz Club, auch deshalb hat Schlenn­stedt ein „breites Publikum“ im Visier. Große inter­na­tionale Namen möchte sie ebenso engagieren wie Musiker der Hanse­stadt. „Auch die Nachwuchs­för­derung ist uns wichtig. Der Club soll ein Ort der Begegnung und des Austauschs werden, auch für spontane Jam-Sessions. Ich bin begeistert von der Geschichte des Onkel Pö´s! Wie dort damals soll es sich für alle anfühlen – wie nach Hause zu kommen.“ Die Pläne sind also groß, aber nicht unrea­lis­tisch: „Bei allem Respekt vor der Sache, ich habe das Know-how, nötige Erfahrung und das Feingefühl dafür, was es für die Umsetzung eines solchen Clubs braucht“ so Schlennstedt.

Ihr Job wird anspruchsvoll sein – auch zeitlich gesehen. Es ist ein „24-Stunden-Job“, da macht sie sich selbst nichts vor. Denn sie ist für alles verant­wortlich: Programm, Musiker­be­treuung, Clubleitung und natürlich für das Gesamt­konzept, auch wenn sie etwa für die Bar eine erfahrene Bar-Keeperin gewinnen konnte. „Für mich ist es das Aller­schönste, wenn alles inein­an­der­greift: die Musiker auf der Bühne Spaß haben, glücklich mit den Umständen sind und das Publikum erfüllt der Musik lauscht und nach dem Konzert beseelt nach Hause geht.“ Für ihren Club zieht Schlenn­stedt zurück nach Hamburg, wo sie bereits 13 Jahre gelebt hat. Die Musik­szene in Hamburg sieht sie durchweg positiv: „In Berlin ist es wuseliger, alles viel größer. In Hamburg funktio­niert die Szene als Verbund. Das finde ich toll“, so Schlenn­stedt. Unter­stützend haben SPD- und Grünen-Fraktion dem Club gerade 250.000 Euro aus dem Sanie­rungs­fonds Hamburg 2030 zugesi­chert, da die Errichtung die Betreiber ans Limit brachte.

Natürlich ist der Start eines solchen Clubs immer ein Risiko. Doch Erfolgs­ge­schichten basieren meist auf Innova­ti­ons­freude und einem gewissen Maß an Risiko. Immerhin schwebt mit Nica als Namens­ge­berin der gute Geist der Jazz-Baroness über dem Club. Auch sie war mutig, um Neuem Raum zu geben. Und um es mit den Worten der Diplo­matin Eleanor Roosevelt zu sagen: „Die Zukunft gehört denen, die an die Schönheit ihrer Träume glauben.“ Wir am Alten Wall träumen schon jetzt in Jazz-Tönen.

 

Weitere Infos:

https://www.nica-jazzclub.de/de

https://www.instagram.com/nica_jazz_club/