Manuel Opitz von Hamburg Pride: „Austausch macht uns insgesamt als Gesellschaft stärker“
Die PRIDE WEEK findet vom 29. Juli bis 6. August 2023 in Hamburg statt. Wir sprachen mit Manuel Opitz, Vorstand bei Hamburg Pride, über Errungenschaften und was wir alle tun können, um die LGBTIQ+ Community zu stärken.
Der Verein Hamburg Pride e.V. wurde 2003 mit dem Ziel gegründet, die in der Öffentlichkeit bestehenden Vorurteile und Diskriminierungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans und intergeschlechtlichen Menschen abzubauen und ihre volle rechtliche Gleichstellung in allen Bereichen des Lebens zu fördern. Was hat sich seitdem getan?
Manuel Opitz: Seit 2003 hat sich in Deutschland eine ganze Menge getan, was die Gleichstellung von queeren Menschen angeht. Ein wichtiger Meilenstein war zum Beispiel die Einführung der „Ehe für Alle“. Aber auch in Hamburg geht es voran: Zum Beispiel hat der Senat einen lange von uns geforderten Aktionsplan zur Bekämpfung von Homo-, Bi und Transfeindlichkeit aufgesetzt und dieses Jahr aktualisiert. Zuletzt hat der Bundestag das Transfusionsgesetz geändert, durch die die Diskriminierung bei der Blutspende beendet werden soll. In den letzten 20 Jahren ist also wahnsinnig viel passiert, und gleichzeitig gibt es immer noch eine Menge zu tun, damit queere Menschen ohne Diskriminierung und Angst in Deutschland leben können.
Manuel Opitz, Vorstand bei Hamburg Pride © Paul Schimweg
Fühlt Ihr Euch generell mit Eurem Anliegen in der deutschen Gesellschaft genug gesehen?
Manuel Opitz: Wir haben den Eindruck, dass viele Menschen der heteronormativen Mehrheitsgesellschaft denken: „Naja, die queeren Leute haben doch seit der Ehe für Alle alles, was sie gefordert haben“. Aber wenn sie dann hören, dass z.B. die Hasskriminalität gegenüber LGBTIQ+ zunimmt, sind sie überrascht und können oftmals nachvollziehen, warum wir so energisch um Sichtbarkeit kämpfen.
In den letzten Jahren hört man immer wieder von zunehmenden Anfeindungen, sogar Angriffen auf Menschen aus der Queer Community. Im letzten Jahr habt Ihr eine Kampagne für Vielfalt und gegen Gewalt auf der Straße gemacht. Hat sich seitdem etwas positiv verändert?
Manuel Opitz: Ja. Zum einen haben wir den Eindruck, dass in den Medien generell mehr über diese Gewaltvorfälle berichtet wurde und dass dadurch auch anerkannt wurde, dass es hier ein gesellschaftliches Problem gibt. Zum anderen gab es viele Informationsveranstaltungen, auf denen die Hamburger Polizei sehr gut deutlich gemacht hat, wie wichtig es ist, Straftaten zur Anzeige zu bringen. Das heißt, der Austausch zwischen LGBTIQ*-Community und Polizei hat sich verbessert und das freut uns sehr.
© Hamburg Pride
Rund um die Feiern am Christopher Street Day formuliert Ihr auch konkrete Anliegen. Welche sind die wichtigsten Forderungen in diesem Jahr?
Manuel Opitz: Das CSD-Motto lautet dieses Jahr „Selbstbestimmung jetzt! Verbündet gegen Trans*feindlichkeit“. Es spielt auf das von der Bundesregierung lange geplante Selbstbestimmungsgesetz an, das endlich das menschenverachtende „Transsexuellengesetz“ (TSG) ersetzen soll. Gleichzeitig muss man auch sehen, dass trans* Menschen die Gruppe innerhalb der LGBTIQ*-Community ist, die immer noch am meisten mit Vorurteilen, Hass und Gewalt konfrontiert ist. Deshalb wollen wir dieses Jahr dazu aufrufen, alle gemeinsam trans* Menschen zu unterstützen.
Dieses Jahr findet die PRIDE WEEK vom 29. Juli bis 6. August in Hamburg statt. Welche Aktivitäten stehen auf dem Programm in diesem Jahr?
Manuel Opitz: Höhepunkt sind auf jeden Fall die Pride Night, die offizielle CSD-Eröffnung, live auf dem Kampnagel am 29. Juli. Es gibt viel Musik, Talk-Gäste, aber auch Poesie und Politik. Am 3. August findet der Regenbogentag auf dem Hamburger Dom statt: Wir ziehen mit einer großen Parade über das Dom-Gelände, um für queere Sichtbarkeit zu sorgen. Am 4. August startet das CSD-Straßenfest rund um die Binnenalster mit viel Musik, Infoständen und Gastronomie. Und der 5. August ist der Tag der großen Demo, die um 12 Uhr an der Langen Reihe startet.
Wie wichtig es, Menschen außerhalb Eurer Community für die Aktivitäten zur PRIDE WEEK zu gewinnen? Oder feiert Ihr lieber unter Euch?
Manuel Opitz: Ganz klar: Am liebsten feiern wir mit allen Menschen in Hamburg! Wir finden, dass die Pride Week und der CSD die beste Gelegenheit sind, Menschen zusammen zu bringen – unabhängig von Sexualität, Geschlechtsidentität, Alter, Religion, Herkunft. Austausch macht uns insgesamt als Gesellschaft stärker.
Was können Menschen außerhalb Eurer Community tun, um zu helfen, Eure Situation zu verbessern?
Manuel Opitz: Nicht wegschauen, wenn sie z.B. Zeugin oder Zeuge von Hasskriminalität werden. Das gilt sowohl im „echten“ Leben als auch in den sozialen Netzwerken, in denen es immer wieder zu Anfeindungen kommt. Auch im Berufsleben gibt es viele Möglichkeiten – einfach, indem man Unterstützung signalisiert und dafür sorgt, dass sich die betroffene Person nicht alleine gelassen fühlt.
Weitere Infos zu Hamburg Pride und zur PRIDE WEEK