Paul Kadjo präsentiert seine ethische Modemarke bei La Tribune Noire am Alten Wall
Am 15. September 2022 kann man den multidimensionalen Nachhaltigkeitsaspekt des Designers Paul Kadjo im Pop-up Shop La Tribune Noire entdecken und erfahren, was es mit seiner Crowdfunding-Kampagne für seine Manufacture Linie auf sich hat.
Seine Mission formuliert Modedesigner Paul Kadjo ganz klar: „Europa und Westafrika durch Handwerk, Kunst und Mode zu vereinen und einen langanhaltenden Zeitgeist zu schaffen, mit dem Menschen mit gutem Gewissen stilvolle Kleidung tragen und mit ihrem Beitrag große Veränderungen in der Welt erbringen können.“ Wir konnten mit dem Designer von Slow Fashion vor seinem Event am 15. September 2022 bei La Tribune Noire über seinen Designansatz, seinen Anspruch an Innovation und interkulturelle Zusammenarbeit sprechen.
Die Verknüpfung von Mode und Nachhaltigkeit ist immer noch eine Ausnahme. Wie kamst Du auf den Gedanken, Dich mit Slow Fashion zu beschäftigen?
Paul Kadjo: Geboren in Deutschland und aufgewachsen in der Elfenbeinküste hatte ich früh die Chance, in zwei sehr unterschiedlichen Gesellschaften groß zu werden. Nachhaltigkeit ist für meine Familie und mich eine Grundeinstellung. Ohne direkt das Wort „Nachhaltigkeit“ zu nutzen, ist uns klar, dass wir schonend mit Ressourcen umgehen, auf Qualität statt Masse achten und einen inklusiven Umgang mit Menschen aus aller Welt pflegen. Diesen Grundvorsatz einer multidimensionalen Nachhaltigkeitsperspektive interpretiere ich selbstverständlich auf meine Berufung als Mode Designer, um letztlich unsere Gesellschaften näher zusammenzubringen und unserer Umwelt etwas Gutes zu tun.
Du hast an der „Akademie für Mode & Design“ in Hamburg Deine Ausbildung absolviert. Spielten dort Nachhaltigkeitsaspekte schon eine Rolle?
Nachhaltigkeit spielte in meinem Studium an der AMD bereits im zweiten Semester eine wichtige Rolle. Neben Re- und Upcycling-Projekten lernten wir auch vieles rund um Textilkunde und die Auswirkungen auf unsere Umwelt sowie den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen vom Designprozess, über Schnittentwicklung bis hin zum Marketing.
Du bezeichnest Dich selbst als „Change Agent“, was ist damit genau gemeint?
Meine Mission ist klar: Europa und Westafrika durch Handwerk, Kunst und Mode zu vereinen und einen langanhaltenden Zeitgeist zu schaffen, mit dem Menschen mit gutem Gewissen stilvolle Kleidung tragen und mit ihrem Beitrag große Veränderungen in der Welt erbringen können. Gleiches gilt für unsere Zielgruppe. Zusammen sind wir kreativ und auf der ständigen Suche nach Innovation. Wir bekennen uns gegen institutionalisierte Geschlechtertrennung, Rassifizierung und andere Formen von Benachteiligung oder Ausgrenzung und stehen für eine klare soziökologische Haltung. Wir sind hier, um etwas zu verändern.
Dein Ziel ist die Fusion aus Kunsthandwerk und technisch innovativen Herstellungsverfahren: Musst Du also ein Stück die Modewelt neu erfinden?
Deutschland birgt ein großes Potential für die Forschung und Entwicklung von (alternativen) Textilien, dessen Wissen und Produktion aufgrund der billigeren Preise in den 80er Jahren nach Asien sowie in den Nahen Osten verschoben wurden. Dieses Wissen gibt es also schon. Ich möchte es lediglich wieder nach Deutschland holen und mit dem Potential an Neben- und Abfallprodukten, die im westafrikanischen Raum existieren - wenn auch Teils durch unser Verschulden im Europäischen Raum - kombinieren. Ich muss also Altes wieder zum Leben erwecken und mit noch ungenutztem Wissen kombinieren.
Du vereinst in Dir zwei Kulturen. Inwieweit prägt das Deine Designsprache?
Meine Designsprache ist als interkultureller Austausch zwischen Deutschland bzw. Europa und Elfenbeinküste bzw. Afrika zu verstehen. Mit meinem Lösungsvorschlag einer modernen Modemarke sind die vielfältigen Kulturen innerhalb dieser Region Antrieb und Inspirationsquelle meiner Arbeit. Sie helfen mir zu verstehen, mich zu evolvieren und einen nachhaltigen Ansatz für bestehende Probleme innerhalb dieser Gesellschaften zu finden.
Wenn Du fünf Jahre weiterblickst, wo möchtest Du dann mit Deiner Mode sein?
In fünf Jahren sehe ich eine hochinnovative Faserforschung in Deutschland gepaart mit einer nachhaltigen Serienproduktion im westafrikanischen Raum. Die Mode, die hier entsteht, wird neuartig sein und durch die Menschen nicht nur durch ihre Raffinesse beeindrucken, sondern auch durch ihren Mehrwert, den sie zurückgeben wird.
Und wo sollte die Branche an sich in 5 Jahren stehen?
Es ist schwer eine direkte und klare Antwort auf diese Frage zu geben. Denn es hängt von sehr vielen Faktoren ab; werden sich nachhaltige Nischenunternehmen gegenüber den sogenannten Global Playern beweisen können? Wie wird sich das Konsumverhalten entwickeln? Oder sind unsere Gesellschaften allgemein bereit für einen radikalen Stoffwechsel, wenn es speziell um die Frage der Nachhaltigkeit geht?
Ich würde mir eine Branche mit mehr ökologischem Bewusstsein und einer selbstverständlicheren Anerkennung von Diversität wünschen. Eine Branche, in der einfach mehr Authentizität herrscht.
Woher holst Du Deine Inspiration?
Meine Inspiration findet ihren Ursprung einerseits in der Auseinandersetzung mit Kultur. Anderseits sind die Rohstoffe, als Grundelement jedes Kleidungsstückes, eine enorme Inspirationsquelle. Denn im Upcycling-Prozess, welchen ich bei meiner Modemarke ausschließlich verwende, entsteht die Inspiration in der Wertschöpfung. Wenn ich z.B. das Leder von einem Sessel entferne, um daraus etwas zu entwerfen, fügen sich die Ideen zum späteren Kleidungsstück wie in einem Transformationsprozess.
Was ist Dein Lieblingsort in Hamburg?
Mein Lieblingsort in Hamburg ist sicher der Jenischpark. Denn im Gewusel der Stadt zieht es mich oft an ruhige Orte, an denen man für einen Moment die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaften abschalten kann.
Event am 15. September 2022 bei La Tribune Noire
Alter Wall 12/Bucerius Passage am Fleet
Beginn: 17:30 Uhr
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