Paul Schrader: „Der Zauber der Malerei ist das Einzigartige“
Der Maler Paul Schrader eröffnet ein Atelier im Alten Wall, um sich von Fleet und historischer Kulisse für neue Kunstwerke inspirieren zu lassen.
Angst vor der weißen Fläche hat Paul Schrader nicht. Und das ist auch gut so. Gerade bezog er im Alten Wall zum Fleet hin und mit Blick auf die Marion-Gräfin-Dönhoff-Brücke sein Atelier. Für zwei Monate wird der Hamburger, den viele als „Maler der Stunde“ bezeichnen, dort neue Kunstwerke schaffen, für die es bereits eine lange Liste an Interessenten gibt. Umgeben von leeren Wänden und Leinwänden muss Schrader einmal mehr darauf hoffen, dass ihn die Kreativität nicht im Stich lässt. Unruhig wirkt er angesichts der leeren Wände aber nicht. „Natürlich gibt es keine Garantie für Kreativität. Aber bislang ist mir immer etwas eingefallen und dann geht es los. Mal funktionieren Ideen nicht, aber dann kommt eine andere Idee. Es hilft auf jeden Fall, mit offener Lust in den Tag zu gehen“, erzählt Paul Schrader, dem allein rund 30.000 Follower auf Instagram folgen.
Schrader macht kein großes Aufheben um seine Person. Er kommt angenehm geerdet rüber. Hier versucht keine scheinbar verirrte Künstlerseele sich zu inszenieren. Auch wenn er ein Pseudonym als Maler benutzt, ist er doch nahbar und sympathisch real. Vielleicht liegt das auch daran, dass er am Anfang seiner Maler-Karriere einige Zurückweisungen einstecken musste. Noch heute bezeichnen ihn einige Medien etwas von oben herab als „malenden Anwalt“. Denn er war bis 2019 als Rechtsanwalt in einer internationalen Großkanzlei für Prozessführung und Immobilienrecht zuständig. Gemalt hat er allerdings schon vor seinem Studium. Nach sechseinhalb Jahren kündigte er seinen Job. Ohne Galerie im Rücken startete er durch. Dass ihn einige Snobs der Kunstwelt zunächst nicht ernst nahmen, irritierte ihn, brachte ihn aber nicht von seinem selbst gewählten Weg ab. Gott sei Dank. Denn mit einem Auftritt bei der Online Marketing Rockstars (OMR) Messe 2019 ging seine Karriere in der Kunstszene so richtig los. Und inzwischen lächelt niemand mehr über den aufsteigenden Stern am Kunsthimmel.
Paul Schrader ist für viele der „Maler der Stunde“.
Erfolg ohne Galerie und Kunsthochschule
„Früher waren Galerien die Gatekeeper, heute kann man sich selbst Sichtbarkeit verschaffen“, erzählt er ohne einen Anflug von Arroganz. Paul Schrader ist nämlich auch ein Social Media Star, wobei für ihn „die Kunst im Fokus steht und nicht der Maler“. Er nutzt Instagram vor allem, um seine neuen Bilder zu zeigen, die sich quasi binnen Stunden verkaufen. Er hat mehr Fans als zu verkaufende Bilder, was auch daran liegt, dass er grundsätzlich keine Aufträge annimmt. So könne er besser schlafen, weil er nicht so einen Druck habe. „Ich träume gerne von Bild zu Bild.“
Seine abstrakte Kunst in meist expressiven Farben berührt einen emotional. Die Bilder sind kühn und sinnlich. Erläutern möchte er sie nicht. „Ein Bild muss sich aus sich selbst erklären“, meint er. Er mag niemanden die Welt erklären. Konzeptionelle und konstruierte Kunst interessiert ihn weniger als der sinnliche Ansatz in der Kunst.
Bislang hat er es auch vermieden, im großen Stil Auflagen seiner Bilder zu produzieren. Er könnte damit eine Menge Geld verdienen, aber ihm fehlt dabei die Faszination und Authentizität. „Der Zauber der Malerei ist das Einzigartige. Dazu gehören auch kleine Fehler, das Staubkorn in einer Ecke.“
Immer schon fasziniert vom Alten Wall
Zum Alten Wall zog es ihn bereits im letzten Jahr, als der Kontakt zu Art-Invest Real Estate entstand und die Möglichkeit eines Ateliers besprochen wurde. Das Gebäudeensemble hat ihn schon als Jurist fasziniert. Denn es gehörte zu seinem Job, alle großen Immobilienprojekte der Stadt im Auge zu behalten. Er mag „die historische Architektur, die Nähe zum Rathaus und wie das Gebäude „mit Samthandschuhen revitalisiert wurde“. Gleichzeitig erscheint ihn die Lage am Fleet wie Klein-Venedig.
In seiner Vorstellung will er die nächsten zwei Monate oft in den Abend- und Nachtstunden arbeiten, um am Morgen dann mit dem Blick auf das Fleet in den Morgen zu starten. Ein Sofa steht für alle Fälle im Atelier bereit. Für die zweite Märzhälfte plant er sogar eine Vernissage. Denn die Begegnung mit Menschen, egal ob Sammler oder nicht, ist für ihn ein wichtiger Teil seines Künstlerdaseins. Das wurde ihm während der Pandemie bewusst, als er sich zunächst freute, einfach nur malen zu können. Ihm fehlten jedoch schon bald die Begegnungen und Ausstellungen. Und so freut er sich durchaus auf Besuch zur Ausstellung auf der Atelierfläche.
Wie sieht er selbst seinen Erfolg? Schrader denkt nach: „Das Gefühl von Erfolg ist doch nur das, was andere Leute darüber denken.“ Bäm – was für ein smarter Satz. Schrader bleibt ganz bei sich. Auch was seine Zukunftspläne angeht. „Als ich mit 30 Anwalt wurde, war Kunst gar nicht vorgesehen. Schwer zu sagen, was noch daraus wird. Mal im Museum zu hängen, wäre schon cool.“
Spricht er und nippt an seinem Espresso. Darauf hinarbeiten wird er wohl nicht. Entweder es ergibt sich oder nicht. Bei Paul Schrader hat sich schon viel ergeben. So ruft etwa New York, wo er im Mai drei Bilder auf einer Messe präsentieren will. Malen will er sie vorher in New York. Ein bisschen Druck gibt es also schon. Doch wer weiß, vielleicht führt der Blick aufs Fleet, die besondere Atmosphäre im Alten Wall zu einem wahren Bilderrausch.
Wir werden Paul Schrader heimlich über die Schulter gucken.
Drei Fun Facts zu Paul Schrader:
Was ist Dein Lieblingsort in Hamburg?
Der Alma-Wartenberg-Platz in Altona. Gerade im Sommer ist dort richtig viel los, weil sich alle dort treffen.
Dein Lieblingsmuseum?
Ganz klar die Fondation Beyeler in Rien bei Basel. Allein schon die Architektur von Renzo Piano und der wunderbare Garten lohnen einen Besuch.
Wie würde sich der Soundtrack zu Deinem Leben anhören?
Er wäre auf jeden Fall im Hip Hop Sound.
Die Realisierung des Atelieraufenthalts von Paul Schrader ist Teil der Kooperation #Frei_Fläche #Kreative Zwischennutzung mit der Hamburg Kreativ Gesellschaft und wurde mit Mitteln der Freien und Hansestadt Hamburg gefördert.