Plattform La Tribune Noire wagt mit Marken aus der Black Community den nächsten Sprung
Bis Ende 2022 betrieb André Cramer seinen Pop-up-Store am Alten Wall, seit April bespielt er mit befreundeten Unternehmen das Erdgeschoss im Jupiter an der Mönckebergstraße.
Durch die großen Schaufensterscheiben sehen wir schon einige Menschen beim Kaffee sitzen, obwohl es noch recht früh ist. Im Inneren werden wir mit Vogelgezwitscher und loungiger Musik von einem wie immer gut gelaunten André Cramer empfangen und staunen nicht schlecht, als wir uns auf der Erdgeschossfläche im Jupiter an der Mönckebergstraße umschauen. Die 1000 m² große Erdgeschoss-Fläche im ehemaligen Karstadt-Sport-Gebäude wurde mit Hilfe des Zwischennutzungsprogramms der Hamburger Kreativ Gesellschaft umgenutzt und vom Retail- und Modeexperten Cramer komplett kuratiert. Die Fläche wurde dabei in mehrere Shop-in-Shop-Segmente unterteilt und wirkt dank eines professionell umgesetzten Ladenbaukonzepts, das von der Modemarke Tom Tailor mit gesponsort wurde, überhaupt nicht wie eine Übergangslösung. An einigen Wänden hängen Tapeten in modernem Design, die Gestaltung ist luftig und transparent. Hier präsentiert sich ein Concept-Shop im besten Sinne.
Auf 130 m² zeigt André Cramer seit April sein Sortiment mit Marken Schwarzer Designer und Designerinnen, darunter auch die angesagte Modemarke Marché Noir, die Fundstücke von afrikanischen Kleidermärkten zu individuellen Stücken upcycelt. Die anderen Flächen hat er untervermietet. Natürlich nicht an irgendjemanden, sondern an Brands aus der Black Community. So findet man neben Mode, Geschenk- und Dekoartikeln, Geschirr, auch großartige Kleinmöbel und Lampen der Marke Always Welcome. Der vielfach ausgezeichnete Modemacher Paul Kadjo hat ein Atelier im Jupiter bezogen, in dem er arbeitet und auch einen Showroom betreibt. Die Röstlich Coffee Brothers betreiben das Café, in dem es nicht nur leckere Kaffeespezialitäten gibt, sondern jeden Donnerstag auch alkoholische und nicht alkoholische Cocktails zur Musik eines DJs.
Learnings vom Alten Wall für Jupiter genutzt
„Die Hamburg Kreativ Gesellschaft hat mich angesprochen, ob ich die Flächen gestalten will. Nachdem ich am Alten Wall ausgezogen bin, war mir klar, dass ich in der Innenstadt bleiben möchte“, erzählt Cramer. Im Jupiter erhielt er die Chance, nach seinen eigenen Vorstellungen mit Fördergeldern der Stadt eine ganze Etage zu kuratieren. Darunter ist auch ein Shop, in dem regelmäßig immer wieder Marken und Produkte ausgetauscht werden, um dem Publikum stets Neues zu präsentieren. Solche Konzepte kennt man bislang nur aus dem Ausland. „Am Alten Wall konnte ich im Kleinen mein Konzept üben, natürlich kann man eine solche Großfläche nur im Kollektiv bespielen“, konstatiert er. Auch wenn auf so einer großen Fläche viel neu bedacht werden muss, seine herzliche und persönliche Art hat er beibehalten. „Ich versuche immer, jeden zu begrüßen und spreche auch viel mit Touristen.“ Denn Besuchende der Hansestadt schauen sich gerne im Jupiter um, liegt das Kreativ-Kaufhaus doch an der Schnittstelle, wo sich unweit des Hauptbahnhofs Kunstmeile und Shoppingmeile treffen. An Samstagen besuchen locker 700 Menschen das Jupiter Gebäude. Das liegt auch daran, dass die Abklebungen an den Türen durch Transparente ersetzt wurde, das Sicherheitspersonal steht nicht mehr vor der Tür, sondern im Inneren. Viele Menschen trauten sich vorher nicht in die Fläche. „Wir hatten viele Learnings“, erzählt Cramer und so wird immer noch feingetunt.
Ein Innenstadtkonzept für die Zukunft
Neben Touristen profitieren La Tribune Noire und die Partnermarken von der Kunstszene, die in den mittleren Stockwerken eingezogen ist und ein Publikum ins Jupiter lockt, das auch hochpreisige Produkte kauft. So veranstaltet der Landesverband der Galerien immer wieder neue Ausstellungen. Auch die Hanseatische Materialverwaltung ist jetzt im Jupiter beheimatet und zeigt Teile des Fundus für Kulissen und Requisiten. Außerdem betreiben sie eine Bar. Donnerstags, freitags und samstags sind immer DJs vor Ort. Auf der großzügigen Terrasse lässt man gerne Sommerabende ausklingen. Im Sommer wird es für Kinder Kurse geben, um den Umgang mit Drohnen zu lernen. Und, und, und.
Im zweiten Jahr der Zwischennutzung hat das Jupiter Kaufhaus somit deutlich an Profil und Professionalität gewonnen. Man merkt, dass alle Mieter ihr Handwerk verstehen und nicht vor sich hin daddeln. Diese Art spannender Inszenierung von Großflächen könnten Vorbild für andere große Leerflächen in der Stadt sein. Die Frequenzen im Jupiter machen Mut. Das Konzept im zweiten Jahr Spaß. Auch wenn das Zwischennutzungsprogramm nur bis Ende des Jahres läuft, hofft André Cramer auf eine weitere Verlängerung. „Ich bin davon überzeugt, dass es sich eine Stadt wie Hamburg nicht leisten kann, so eine große Fläche leerstehen zu lassen.“ Ideen, wie man das Konzept im Jupiter noch weiterentwickeln kann, hat er bereits. So könnte er sich gut ein Bistro zusätzlich auf den Flächen vorstellen. Demnächst sollen Tische und Stühle des Cafés auf dem Bürgersteig stehen und noch mehr Menschen auf das Kreativ-Kaufhaus aufmerksam machen. Was immer aus Jupiter wird, eins steht fest. Die Entwicklung der Innenstädte profitiert wesentlich vom Engagement der Privatwirtschaft und individueller Macherinnen und Macher wie André Cramer.
Wir kommen auf jeden Fall wieder.
Weitere Infos:
https://latribunenoire.de/en/int/
https://www.alter-wall-hamburg.de/la-tribune-noire-plattform-fuer-schwarze-kreateure-und-designer/