Prof. Dr. Andreas Hoffmann: „Die Münzen waren die Massenmedien der Antike“
Vom 8. Oktober 2022 bis 15. Januar 2023 präsentiert das Bucerius Kunst Forum mit „Die neuen Bilder des Augustus. Macht und Medien im antiken Rom“ eine Antikenausstellung at its best. Wir sprachen mit Prof. Dr. Andreas Hoffmann, Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums und Kurator der Ausstellung.
Herr Prof. Dr. Hoffmann, Ihr Haus hat bereits sehr erfolgreiche Antikenausstellungen etwa 2014 mit „Pompeji: Götter, Mythen, Menschen“ gezeigt. Seit wann haben Sie sich mit der Idee zu Augustus beschäftigt?
Prof. Dr. Andreas Hoffmann: In der Tat ist die Pompeji-Ausstellung 2014 sehr gut gelaufen. Wir hatten damals 100.000 Besucher. 2014 war gleichzeitig das 2000. Todesjahr von Augustus und 2013 sowie 2014 gab es zwei große Ausstellungen im Pariser Louvre und in Italien. Er war also schon seitdem bei uns im Kopf. Hinzu kam, dass es 34 Jahre keine Ausstellung zu Augustus in Deutschland gab und wir ein neues Konzept entwickelt haben.
Unter Augustus entsteht ein wahrer Bilderboom und prägt diese Epoche antiker Bildkultur. Wie ist dies einzuordnen?
Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Man sieht am Beispiel Augustus wie seine Medienberater ein Bild für ihn als Alleinherrscher suchen. Cicero rühmt ihn bereits im jugendlichen Alter als Imperator der Zukunft. Wir können anhand zahlreicher Porträts zeigen, wie Bilder damals bewusst kuratiert und ein neues Kaiserbild erfunden wurde. Besonders interessant daran ist, dass sich diese Entwicklung nicht nur auf ihn beschränkt, sondern auch seine Ehefrau Livia miteinschließt. Sie ist genauso präsent wie er. Auch ihr Image wird sorgfältig kuratiert. Durch Bildnisse in Form von Porträtköpfen, Büsten, Statuen und Münzen, die in zuvor unerreichter Omnipräsenz in Rom und in den Provinzen Verbreitung fanden, kommunizierte das Kaiserhaus in diversen Medien mit dem Volk. So wurde ein völlig neues Verständnis von Bildsprache etabliert.
Antike Themen sind sehr komplex. Wie schaffen Sie es, die Hürden für das Publikum niedrig zu halten?
Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Zum einen können wir diesen neuen Aspekt der Bildinszenierung sehr gut mit vielen Beispielen konkretisieren und erlebbar machen. Und zum anderen haben wir natürlich die verschiedenen Interessensebenen berücksichtigt. Die Ausstellung ist also nicht nur für historisch Interessierte gedacht. Wir haben zum Beispiel zum ersten Mal einen Multimedia-Guide für Kinder erstellt. Außerdem ist es völlig legitim, nicht alles zu wissen. Sondern auch durch die Ausstellung zu gehen und zu denken ‚Wow, ist das tolle Kunst aus dieser Zeit.‘ Wir haben zahlreiche Ausstellungsstücke aus großen Antikenmuseen der Welt erhalten. Man kann bei dieser Ausstellung wirklich ins Staunen kommen.
Kann man auch einen Bogen zu unserem digitalen Zeitalter schlagen?
Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Absolut. Die Münzen waren die Massenmedien der Antike und wurden so eingesetzt wie heute Selfies in Social Media. Unter Augustus erlebte man bereits eine sehr visuell geprägte Zeit. Gesellschaft und Politik wurden über Bilder vermittelt. Das ist alles sehr aktuell.
Was kann man durch die Ausstellung lernen?
Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Da gibt es natürlich viele Aspekte. Etwa wie Rom in dieser Zeit zur Weltstadt wird, was sie nicht war. Aber Augustus räumt regelrecht in der Stadt auf, Rom wird zur Dauerbaustelle. Es passiert sehr viel, besonders in den Bereichen Bauskulpturen und Architektur. Außerdem kann man in der Ausstellung erkennen, wie sich alles zum Monumentalen entwickelt. Viele Objekte lassen zudem nachvollziehen, welche Motive im öffentlichen Leben für die Kommunikation gewählt wurden und warum. Gleichzeitig wird auch sichtbar, dass die Themen im privaten Wohnraum allerdings weit entfernt waren von den politisch-öffentlichen Motiven und vielmehr um die Welt des Bachus und der Venus kreisten.
Antike Ausstellungen zu planen ist sehr aufwendig. Was waren die größten Herausforderungen?
Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Man hat es natürlich mit ganz praktischen Fragen zu tun, wie etwa beim Aufbau mit dem Gewicht der Statuen. Darüber hinaus gibt es wirklich sehr viele Ausstellungsobjekte. Wir hatten außerdem mit 20 internationalen Leihgebern zu tun, die wir zunächst mit einem neuen Konzept davon überzeugen mussten, dass dieses wissenschaftlich neu und relevant ist. Die ersten Gespräche haben wir bereits 2017 geführt. Hinzu kommt, dass viele Leihgaben nicht länger als drei Monate zur Verfügung stehen. Sie sehen, die Komplexität einer solchen Ausstellung ist enorm hoch
Die Ausstellung wird wie immer durch ein spannendes Begleitprogramm ergänzt. Was können wir hier erwarten?
Prof. Dr. Andreas Hoffmann: Die Ausstellung wird beispielsweise flankiert durch eine Rundumschau von Monumenten aus Lego unter dem Motto: Die neuen Steine des Augustus. Es wird eine Poetry Slam Veranstaltung geben, eine Kopfhörer-Party, eine Student Art Night. Wir haben uns wirklich viele Gedanken um eine Vermittlung in die Breite gemacht.
Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft der Botschaft der Italienischen Republik.
Mit freundlicher Unterstützung des Ministeriums für Kultur der Italienischen Republik und Förderung durch ExxonMobil.
Weitere Informationen und Tickets:
https://www.buceriuskunstforum.de/