Sascha Hamann: Der Mann, der die ganze Stadt zum Leuchten bringt

Sascha Hamann: Der Mann, der die ganze Stadt zum Leuchten bringt 2560 1902 Verena Liebeck
#behind­the­s­cenes

Sascha Hamann: Der Mann, der die ganze Stadt zum Leuchten bringt

12. August 2024

Seit 20 Jahren arbeitet Sascha Hamann mit Licht­künstler Michael Batz, um dessen Visionen zum Leben zu erwecken – etwa beim Blue Port und INTER/WALL Festival am Alten Wall.

Wiesen soweit das Auge reicht. Ein paar Pferde grasen entspannt in der Nähe. Der Hausherr selbst sitzt mit Kater Rudi auf dem Schoß vor dem Haus seines Bauernhofs in Norder­stedt, nur wenige Kilometer hinter der Hamburger Stadt­grenze. Dass Sascha die anspruchs­vollsten und manchmal fast unmög­lichsten techni­schen Projekte im Arbeits­alltag umsetzt, vermutet man bei diesem Bild auf den ersten Blick nicht. Besonders wenn dann noch seine anderen Pferde aus dem Stall ans Gatter kommen, um uns alle zu begrüßen. „Bei seinen Tieren wird er emotional“, verrät uns seine Frau ein wenig später.

Auf sechs Hektar, also 60 000 m², hat sich Sascha Hamann sein eigenes Natur­pa­radies erschaffen. Neben seiner Firma HG-Technik, die für Indus­trie­un­ter­nehmen Firmen-Shows, Presse­kon­fe­renzen und auch Events mit Catering reali­siert, bewirt­schaftet er auch den Bauernhof noch selbst. Vor wenigen Tagen erst hat er das Heu einge­fahren. „Der Tag hat 24 Stunden. Wenn man den Schlaf abzieht, kann man 16 Stunden arbeiten“, meint er trocken, als wir ihn fragen, wie er beides unter einen Hut bekommt. Sascha ist nur wenige Minuten entfernt aufge­wachsen. Die Natur war also schon immer wichtiger Bestandteil seines Lebens. Seine Eltern hatten einen Garten­bau­firma, wo er auf ihren Wunsch Garten- und Landschafts­gärtner gelernt hat. Nebenbei arbeitete er aber schon für DJs, denn sein Herz schlug schon immer für technische Tüfte­leien. Sein Cousin hatte viel „Elektrokram, davon war ich schon als Kind faszi­niert und habe viel rumge­fummelt“, erzählt er. Sein Cousin ließ ihn nicht nur rumfummeln, sondern band ihn auch schnell in Projekte ein. Später arbeitete er als Roadie und lernte über seine Arbeit für Musiker sogar Musik­größen wie Udo Lindenberg, Nina Hagen und Gottfried Böttger kennen.

Vom Garten- und Landschafts­bauer zum Tausend­sassa techni­scher Großprojekte

Was auch dazu führte, dass er den Garten- und Landschaftsbau schon bald sein ließ, in den 90er Jahren umsat­telte. Danach bekam er Kontakt zu einer Firma, die große Veran­stal­tungen reali­sierte und „eine eierle­gende Wollmilchsau suchte“. Sascha Hamann war genau der Mann, den sie brauchten. Und so war er plötzlich bei der Eröffnung des Haupt­bahn­hofes in Berlin an Bord. Es folgten Konzerte etwa für „Böse Onkel“ und das Heavy Metal Festival in Wacken, bei dem er dann sogar techni­scher Leiter war. Kleine Anekdote: Er selbst hört überhaupt keine Musik. „Der Job kann sein, stille Lampen am Alten Wall anzubringen oder eben Krach zu ermög­lichen wie in Wacken. Es sind Jobs, um Geld zu verdienen“, erklärt er ganz nüchtern.

Auch bei den künst­le­ri­schen Projekten, die er mit Licht­künstler Michael Batz reali­siert, regen sich keine großen Gefühle bei ihm. Für ihn ist die Beleuchtung des Hafens für den weit über Hamburg hinaus bekannten „Blue Port“ nach zehn Veran­stal­tungen schlicht Routine. „Es geht eher darum, ob alles recht­zeitig fertig wird und die Lampen gehen.“ Mit Michael Batz arbeitet er seit 20 Jahren zusammen. In Kontakt kamen sie über Michael Batz damaliges Projekt der „Blue Goals“. Sascha Hamann wollte unbedingt in Norder­stedt ein „Blue Goal“ umsetzen. Sowohl der Bürger­meister als auch Michael Batz gaben ihr Ok. Seitdem hat er mit Michael Batz viele Kunst­kon­zepte reali­siert. „Das erste gemeinsame Projekt war eine Insze­nierung der Kathe­drale von Chartres. Seitdem arbeiten wir zusammen. Das Besondere an der Zusam­men­arbeit ist, dass er sich intuitiv in Konzepte einfühlen kann, sehr zuver­lässig und profes­sionell ist. Vor allem Saschas konstruktive Phantasie ist einmalig. Ihm fällt immer etwas ein, wie eine Idee zu reali­sieren ist. Im Hafen kennen sie ihn mittler­weile alle“, erzählt Michael Batz schmun­zelnd. Der gemeinsame Erfolg besteht auf einer Kommu­ni­kation, die kaum noch Worte braucht. „Ich verstehe, was Michael will!“ Man stelle sich vor, zwei Männer stehen vor einem Gebäude und einer brummelt was von Licht und wie es atmet. Und der andere sagt: „Ja verstehe, machen wir so.“ Eine echte Wesensverwandtschaft.

Über der offenen Baustelle der Elphi Lampen angebracht

Auch wenn Sascha Hamann nicht viel aus der Ruhe bringt, es gab durchaus Projekte, die auch für ihn heraus­for­dernd waren. Michael Batz: „Während der Bauphase stand die Elbphil­har­monie lange offen ohne Dach. Ich wollte für den Blue Port aber schon die charak­te­ris­tische Dachfigur mit den geschwun­genen Linien zeigen. Sascha hat es möglich gemacht – in einer waghal­sigen, aber höchst profes­sio­nellen Weise.“ Sascha Hamann spannte mit seinem super Team ein Stahlseil über die offene Baustelle und brauchte die Lampen entspre­chend an. Zusammen mit Michael Batz bereiste er viele Länder für Projekte. In Brasilien etwa illumi­nierten sie das Theatro Municipal in Sao Paulo.

Auch für das Festival INTER/WALL am Alten Wall, bei dem Michael Batz als künst­le­ri­scher Leiter fungiert, ist er selbst­ver­ständlich mit dabei und beleuchte nicht nur die preis­ge­krönte Archi­tektur des histo­ri­schen Gebäude-Ensembles und die umlie­genden Brücken, sondern im letzten Jahr auch die Kräne der Baustellen am Alten Wall 38 und 40. Es mag ungerecht sein. Ohne Sascha Hamann könnte Michael Batz seine Projekte nicht reali­sieren, der Applaus freilich gilt vorwiegend Michael Batz. Sascha Hamann stört das nicht wirklich. „Auch ich bekomme Presse für das, was ich mache“, sagt er selbst­be­wusst und zeigt uns eine Wand voller Zeitungs­ar­tikel etwa über den „Blue Port“, die seine Frau für ihn gemacht hat.

Vor ein paar Wochen setzte er mit Michael Batz eine zeitlich begrenzte Licht­in­stal­lation am Denkmal für die ermor­deten Juden Europas in Berlin um. Das gab es vorher noch nie. Dagegen waren die zahlreichen Licht­stehlen am Jungfern­stieg in Hamburg im Januar 2024 ein Routine-Job, auch wenn sie die Besucher und Besuche­rinnen der City in der dunklen Jahreszeit sehr erfreut haben.

Reizen würde ihn, der quasi immer kurze Hosen trägt, noch die Illumi­nation der Freiheits­statur in New York und die Brücke Luis I in Porto. Auch ein Mann, der schon fast alles gemacht hat, darf noch träumen. Arbeiten will er, solange Michael Batz noch Projekte macht. Der „Blue Port“ 2025 steht schon auf seiner Liste.

Ob Sascha Hamann danach wirklich aufhören kann? Schließlich hat er die letzten 25 Jahre keinen Urlaub gemacht und 300 Stunden Arbeit im Monat sind für ihn keine Seltenheit. Doch dann beobachten wir ihn mit seinen Pferden und hören zu, wie er uns von der Aufzucht seiner Gans Gerda erzählt, die sogar am Anfang mit am Frühstücks­tisch saß, und glauben, dass ihm die Tiere und der Bauernhof alles geben, was er am Ende für seinen Alltag braucht.

Weitere Infos: https://www.hg-technik.de/

https://www.youtube.com/user/HGTechnikGmbH1/videos